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„Geschichte muss relevant bleiben, um sich nicht zu wiederholen”

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Am 25. Juni 2022 jährt sich die Erstveröffentlichung der Tagebücher von Anne Frank zum 75. Mal. Anlässlich dessen ziert ein Google Doodle zahlreiche Google Startseiten weltweit, das in kurzen, illustrierten Slides den Inhalt der Tagebücher zusammenfasst. Thoka Maer, geboren in der Lausitz und Teil des Google Doodle-Teams in New York, steckt hinter dem Kunstwerk, das an diesem Tag Millionen von Menschen die Geschichte von Anne Frank näher bringt. Uns hat sie erzählt, wie intensiv die Arbeit für sie daran war und was sie selbst mit Anne Frank verbindet:

Liebe Thoka, warum war die Arbeit an diesem Doodle für dich besonders?
Für mich bedeutet jedes Doodle auch gleichzeitig ein hohes Maß an Verantwortung. Denn bei jedem Doodle gilt es, der gewürdigten Person an sich, dem Thema und der Geschichte gerecht zu werden. Bei dem Doodle über Anne Frank habe ich diese Verantwortung extrem gespürt. Weltweit werden Menschen dieses Doodle sehen können. Und überall gibt es vermutlich Menschen, die eine Beziehung zu ihr, zu ihren Lebensumständen und der Welt, in der sie lebte, haben. Gleichzeitig steht ihre Geschichte selbst mit ihrer Gewalt und Tragik über all dem. Für mich stellte sich also die Frage, wie ich so ein Thema und so eine Person aufrichtig und tiefgründig wiedergeben kann. Gleichzeitig mussten wir den richtigen Ton treffen und auch den Umstand berücksichtigen, dass nicht alle Nutzer:innen an dem Tag, an dem das Doodle live ist, sich mit der Geschichte auseinandersetzen wollen und können.

Ein Video zeigt das Slideshow Doodle
10:25

Wie hast Du dich dieser Herausforderung genähert?
In Vorbereitung auf das Doodle habe ich ihr Tagebuch mehrmals gelesen und mich mit Allem sie betreffend in einer ganz anderen Tiefe und Genauigkeit auseinandergesetzt. Ich habe viel Original-Bildmaterial herangezogen, damit gearbeitet und jeden Tag in oftmals die gleichen Gesichter auf den Fotos geschaut. Die Menschen und Orte wurden mir damit immer vertrauter und gleichzeitig die emotionale Distanz geringer. Es war eine intensive Arbeit, die mir immer wieder die Realität und die Dramatik vor Augen führte. Doch immer, wenn mir zwischendurch klar wurde, woran ich gerade arbeite – nämlich ihre Geschichte Millionen von Menschen weltweit näherzubringen – setzte es Dinge wieder in Perspektive.

Was verbindest du persönlich mit Anne Frank und ihrer Geschichte?
Ich habe Annes Tagebuch das erste Mal – wie zahlreiche deutsche Schülerinnen und Schüler wahrscheinlich – in der Schule gelesen, als ich selbst noch einige Jahre jünger war als sie. Für mich war sie in meinen Vorstellungen erwachsen und hat in einer entfernten, lang vergangenen Welt gelebt. Trotzdem hat mir die Tatsache, dass ich selbst ein Mädchen und Deutsch bin, immer schon einen sehr persönlichen Bezug zu ihr gegeben.

Bei der Arbeit an dem Doodle habe ich mir die Frage gestellt, ob ich als Deutsche ihr und ihrer Geschichte gerecht werden kann. Glücklicherweise musste ich mich dabei nicht nur auf mein eigenes Urteil verlassen. Ich hatte großartige Berater:innen – sogenannte Doodle-Manager:innen weltweit – an meiner Seite und wir haben auch einen ständigen Austausch mit den Nachlassverwaltern in der Schweiz gesucht, die uns nicht nur beraten haben, sondern auch Entscheidungsträger:innen im gesamten Projektverlauf waren.

Was möchtest du mit dem Doodle ausdrücken, bzw. was soll bei den Menschen hängen bleiben?
Ich bin der Meinung, dass Geschichte relevant bleiben muss, um sich nicht zu wiederholen. Und genau zu dieser Relevanz hoffe ich, mit dem Doodle anlässlich der Erstveröffentlichung von den Tagebüchern von Anne Frank beizutragen.

Vielen Dank, Thoka, für das Gespräch!