Google Maps 101: Wie funktionieren Satellitenbilder?
Wenn ich fliege, versuche ich immer, einen Fensterplatz zu ergattern (und ehrlich gesagt kann ich es kaum erwarten, wieder in ein Flugzeug zu steigen – oder mich zumindest wieder für längere Zeit an einem Ort aufzuhalten, der nicht meine Wohnung ist…). Es geht mir nicht darum, meine Ellenbogen vom Getränkewagen zu verschonen (naja ok, vielleicht ein bisschen) oder darum, gedankenverloren in den endlosen Himmel zu starren (was ich trotzdem tue). Ich liebe es einfach, während des Landeanflugs die Straßen, Gebäude und Skylines meines Reiseziels von oben zu sehen. Dabei beobachte ich, wie Autos auf den Straßen fahren, Wolkenkratzer ihre Schatten auf umliegende Gebäude werfen oder die Sonne sich in einem Gewässer spiegelt. Einen Blick auf die Erde von oben zu werfen ist ein Privileg, welches wir erst seit dem letzten Jahrhundert haben.
Heute zählen Satellitenbilder zu den beliebtesten Funktionen auf Google Maps. Es ist ein gigantisches Unterfangen, die Welt von oben aufzunehmen und dabei Millionen Bilder mit genauen Standorten zu verknüpfen. Doch wie funktionieren Satellitenbilder eigentlich? Wie oft werden die Bilder aktualisiert? Welche Herausforderungen gibt es, mehr als einer Milliarde Nutzern Satellitenbilder zur Verfügung zu stellen?
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, habe ich mit Matt Manolides gesprochen, unserem technischen Experten für Satellitenbilder. Matt ist Geo Data Strategist bei Google. Er arbeitet schon seit mehr als 14 Jahren im Unternehmen und hat mir eine Einführung in das Universum der Satellitenbilder gegeben.
Woher stammen die Bilder, die in Google Maps verwendet werden? Verwenden wir tatsächlich Satelliten?
Das Mosaik aus Satelliten- und Luftbildern, das bei Google Maps und Google Earth zu sehen ist, stammt von vielen verschiedenen Anbietern. Unter anderem sind das staatliche Behörden, geologische Forschungsorganisationen und kommerzielle Anbieter von Bildmaterial. Diese Bilder werden an verschiedenen Tagen und bei verschiedenen Licht- und Wetterbedingungen aufgenommen.
Es gibt sogar eine ganze Branche, die sich mit Luftbildaufnahmen beschäftigt. Unternehmen schneiden Löcher in die Böden von Flugzeugen, um mit Kameras Fotos zu machen. In vielen Teilen der Welt geschieht das regelmäßig. In Gebieten, in denen es keinen etablierten Markt für Luftbildaufnahmen gibt, greifen wir auf Satellitenbilder zurück. Durch Luftbildaufnahmen erhalten wir sehr hochwertige Bilder, die scharf genug sind, um detaillierte Karten zu erstellen. Satellitenbilder hingegen haben eine geringere Qualität, sind aber trotzdem hilfreich, da sie eine weltweite Abdeckung ermöglichen.
Wann werden die Bilder in die Karte eingepflegt?
“Google erhält die kommerziell verfügbaren Satellitenbilder von verschiedenen Drittanbietern und unser Team fügt die Aufnahmen dann zusammen, um eine nahtlose Karte zu erstellen”, erklärt mir Matt. Das nennt man Fotogrammetrie. Laut Matt werden wir immer besser, diesen Prozess zu automatisieren. Durch maschinelles Lernen können wir Bilder präzise platzieren und die Auflösung verbessern.
Bei Luftbilddaten erhalten wir die Bilder auf Festplatten und laden sie in die Google Cloud hoch. Bei Satellitenbildern werden die Daten hingegen direkt von unseren Anbietern in die Google Cloud hochgeladen. Die Bilder werden im Rohformat bereitgestellt - das bedeutet, sie wurden noch nicht auf dem Boden positioniert und sind in rote, blaue und grüne Fotos sowie in panchromatische Bilder unterteilt, die feinere Details enthalten. Dann kombinieren wir das Durcheinander von Bildern, damit sie alle zusammenpassen, in der realen Welt richtig platziert sind und allgemein schön aussehen.
Raum voller Festplatten, auf denen unzählige Luftaufnahmen gespeichert sind
Wie oft werden die Satellitenbilder aktualisiert?
“Wir aktualisieren vor allem die Satellitenbilder von Orten, die sich am häufigsten ändern”, sagt Matt. Großstädte verändern ihr Erscheinungsbild beispielsweise ständig. Da versuchen wir, unsere Satellitenbilder jedes Jahr zu aktualisieren. Bei mittelgroßen Städten ist der angestrebte Turnus alle zwei Jahre, bei Kleinstädten alle drei Jahre. Unser Ziel ist es, dicht besiedelte Gebiete regelmäßig zu aktualisieren und mit der sich verändernden Welt Schritt zu halten. Daher aktualisieren wir Gebiete häufiger, wenn wir der Meinung sind, dass dort viele Gebäude oder neue Straßen gebaut werden.
Warum sind auf Google Maps manchmal mysteriöse Objekte zu sehen? Was ist das?
Laut Matt kommt es aufgrund der Art und Weise, wie die Bilder aufgenommen werden, zu optischen Täuschungen. Eine der häufigsten davon sind „untergegangene Schiffe“. Dabei handelt es sich tatsächlich um ganz normale Schiffe, die aufgrund der Überlappung der Satellitenbilder so wirken, als wären sie gesunken. Glänzende Gegenstände reflektieren auch manchmal die Sonne. Das sieht dann aus wie seltsame weiße Objekte, die einige für Geisterhäuser oder andere mysteriöse Dinge halten.
Ein mysteriöses „gesunkenes Schiff“ in London
Da die Satellitenkameras mehrere Bilder gleichzeitig in unterschiedlichen Farbspektren aufnehmen, kann ein Objekt, das sich schnell bewegt, komisch aussehen. Bei Flugzeugen sieht es zum Beispiel manchmal so aus, als würden mehrere identische Maschinen in unterschiedlichen Farben übereinander fliegen.
Ein buntes Flugzeug
Was Matt betrifft, so findet er auf den Bildern am liebsten öffentliche Veranstaltungen, die zum Zeitpunkt der Aufnahme stattfanden. Es ist faszinierend, Events wie beispielsweise Wettrennen von Wasserflugzeugen oder Autoshows von oben zu sehen.
“Aufgewachsen in Seattle habe ich als Kind im Sommer immer gern bei den Rennen der Wasserflugzeuge zugesehen. Als ich sah, dass uns 2010 Luftaufnahmen des Events gelungen waren, war das für mich ein absolutes Highlight,” erzählt Matt. “Die Bilder sind in Google Maps leider nicht mehr sichtbar, aber zum Glück kann man sie immer noch mit der Funktion Historische Bilder in Google Earth Pro sehen. Damit kann der gesamte Katalog an Bildern durchsucht werden.”
Rennen von Wasserflugzeugen auf dem Lake Sammamish in Washington am 10. Juni 2010