‚Stolpersteine NRW‘: Ein digitales Denkmal gegen das Vergessen
Heute vor 79 Jahren, am 11. April 1945, wurde das KZ Buchenwald von US-Truppen befreit. Es sind diese historischen Ereignisse, die uns helfen, die Geschichte zu bewahren. Doch je mehr Jahre vergehen, desto mehr werden aus mahnenden Erinnerungen vermeintlich unpersönliche Daten der Vergangenheit.
Als Kind waren es vor allem meine Großeltern, die mir einen wichtigen, persönlichen Zugang zur Geschichte ermöglichten. Besonders präsent ist für mich die Geschichte der Klavierlehrerin meiner Großmutter. Mit leiser Stimme berichtete meine Oma von dem Tag, an dem ihre Mentorin deportiert wurde. Die Trauer und die Scham in ihrer Stimme prägten sich tief in mein Gedächtnis ein.
Es sind insbesondere die persönlichen Schicksale der Opfer, die uns helfen, die Gräueltaten des Nationalsozialismus nicht verblassen zu lassen. Die ‚Stolpersteine‘ des Künstlers Gunter Demnig helfen dabei - kleine Gedenktafeln aus Messing, die in den Bürgersteig vor den ehemaligen Wohnhäusern von Opfern des Nationalsozialismus eingelassen werden. Sie erinnern an die Menschen, die von dem NS-Regime verfolgt, ermordet, deportiert oder in den Suizid getrieben wurden.
Doch seit dem ersten Stolperstein in 1992 hat sich viel verändert. Die Digitalisierung bietet viele neue Möglichkeiten, sich mit der Historie auseinanderzusetzen und Erlebnisse gegen das Vergessen zu schaffen. Daher hat der Westdeutsche Rundfunk (WDR) ein Projekt ins Leben gerufen, das unter anderem basierend auf Google-Technologien die 17.000 Stolpersteine in Nordrhein-Westfalen digitalisiert und für die Zukunft online zugänglich macht.
Eine digitale Gedenkstätte
Das Projektteam des WDR hat mit Hilfe der Google Maps APIs die Stolpersteine kartiert und die Schicksale der dahinter stehenden Menschen digital und interaktiv festgehalten. So entsteht eine virtuelle Gedenkstätte, die jedem zugänglich ist, der sich mit der Geschichte der Opfer des Nationalsozialismus auseinandersetzen möchte.
Die interaktive Karte ist dabei sowohl über eine Website als auch über die mobile App „Stolpersteine NRW“ zugänglich. Hier erhalten Interessierte an ausgewählten Steinen zusätzlich Originalfotos, Graphic Storys und hörbare Geschichten, die den Opfern ein Gesicht und eine Stimme geben. Man erfährt von ihren Lebensläufen, ihren Träumen und Hoffnungen, aber auch von ihrem Leid und ihrer Verfolgung. Die App lässt sich auf vielfältige Weise interaktiv nutzen: AR-Erlebnisse vertiefen die Erinnerungen, und digitale Gedenkkerzen bieten die Möglichkeit, persönliche Anteilnahme auszudrücken. Darüber hinaus hat der WDR Online-Ausstellungen auf Google Arts & Culture kuratiert, die Einblicke in die Entwicklung des Projektes geben. So erfährt man wichtige Zahlen und Fakten zu den Stolpersteinen, oder begleitet die Illustratorin Amelie Stute bei ihrer Arbeit an einer Graphic Story.
Erinnern heißt verstehen
„Stolpersteine NRW“ ist nicht nur eine Plattform der Erinnerung, sondern auch des Lernens. Auf der Website finden Lehrkräfte kuratierte Lernmodule, die sie im Unterricht einsetzen können. Projektgruppen in Schulen haben außerdem die Möglichkeit, die Plattform aktiv mitzugestalten, indem sie zum Beispiel gemeinsam Schicksale aufarbeiten und Illustrationen zur Plattform beitragen. Das Projekt „Stolpersteine NRW“ zeigt auf besondere Art, wie Technologie uns helfen kann, Geschichte zu bewahren und die Erinnerung lebendig zu halten.
Besucht die Projektseite stolpersteine.wdr.de oder ladet euch die App „Stolpersteine NRW“ für Android oder iOS herunter. Gemeinsam können wir helfen, dass die Schicksale der Opfer des Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten.