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Meinung

Ein barrierefreies Internet muss Standard werden

Sechs Fotos mit unterschiedlichen Personen neben einem Schreibtisch mit Tastatur und Monitor
Das Team Test.Labor der Pfennigparade

Ein Jahr vor Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) haben Google und Aktion Mensch zusammen mit BITV-Consult, PIA UDG und der Stiftung Pfennigparade zum zweiten Mal überprüft, wie barrierefrei deutsche Online-Shops sind. Doch leider gab es nur geringfügige Verbesserungen. Nur 15 der 71 getesteten Shops haben die Grundvoraussetzung für Barrierefreiheit erfüllt und lassen sich allein mit der Tastatur bedienen. Die anderen 56 Shops erfüllen dieses zentrale Kriterium nicht, was für viele Menschen mit Behinderung problematisch ist. Es betrifft aber auch andere, die beispielsweise aufgrund eines gebrochenen Arms oder einer Sehbehinderung die Maus nicht verwenden können. Barrierefreiheit bedeutet Usability und mit den Prinzipien des Universal Design kann das Einkaufserlebnis für alle verbessert werden.

Testen hilft - am besten mit Menschen, die es betrifft

Die Tests für die Studie wurden unter anderem im Test.Labor Barrierefreiheit der Pfennigparade ChancenWerk, einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen, durchgeführt. Dort wird geprüft, ob Online-Angebote den Anforderungen der Standards EN 301 549 oder WCAG entsprechen. Zusätzlich führen die Tester und Testerinnen Usability-Tests durch. Getestet wird von Menschen mit verschiedenen Einschränkungen. Die Ergebnisse zeigen, an welcher Stelle die Betreiber von Webseiten Änderungen durchführen müssen, um die Nutzbarkeit für alle zu verbessern. In direkter Zusammenarbeit mit den Testern erleben Entwicklerinnen und Entwickler, welche Hürden den Spaß am Online-Shopping beeinträchtigen. Und sie lernen, wie sie diese zu vermeiden sind.

Tipps von Sophie, Andreas und ihren Kolleg*innen

Wie dies geht, wird auch in einer Video-Kampagne gezeigt, die die Partner Aktion Mensch, Google und Pfennigparade im Juli 2024 starten. Darin zeigen unsere Tester auf, welche Hürden wir im aktuellen Test gefunden haben und wie sie überwunden werden können.

Zum Beispiel Sophie: Aufgrund eines Gendefekts ist ihre Beweglichkeit stark eingeschränkt. Sophie zeigt in ihrem Video, warum sie kein rotes Kleid trägt und wie der Shop-Anbieter sie doch noch zur Kundin machen könnte, indem er eine bessere Tastaturbedienbarkeit bietet.

Frau mit Brille im Rollstuhl neben einem Schreibtisch mit Computer und Tastatur

Testerin Sophie Geiken

Sophies Kollege Andreas ist blind. Er kann sich auf der Shopping-Seite leider nur über die Suche orientieren, da mit der Tastatur — weil er blind ist, kann er mit dem optischen Eingabegerät Maus nichts anfangen — das Menü einfach übersprungen wird. So kauft er nur, was er schon kennt und kann sich nicht inspirieren lassen.

Mann mit blauem Pullover neben Schreibtisch mit Computer und Tastatur

Tester Andreas de Biasio

Alle Videos der Reihe findet Ihr auf der Webseite der Aktion Mensch.

Trailer-Video zur Initiative Barrierefrei im Netz
10:25

Das BFSG: Barrierefreiheit wird Gesetz

In einem Jahr gibt es zur Umsetzung der Kriterien von Barrierefreiheit keine Alternative mehr. Denn gemäß Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, kurz BFSG, müssen ab dem 28. Juni 2025 Produkte und Dienstleistungen barrierefrei sein. Das betrifft insbesondere Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr, also E-Commerce-Angebote. Sowohl Verbraucher*innen als auch Interessenverbände haben dann die Möglichkeit, nicht barrierefreie Angebote zu melden. Stellen die Aufsichtsbehörden Verstöße fest, drohen Strafen von bis zu 100.000 Euro sowie die Möglichkeit, dass der Online-Shop geschlossen wird.

Mehr Informationen zu den Richtlinien des BFSG und zur Anwendung des Gesetzes findet ihr auf der Website der Bundesfachstelle Barrierefreiheit. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zudem Leitlinien zur Umsetzung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes veröffentlicht. Das BFSG ist die Umsetzung des Europäischen Aktionsplans zur Barrierefreiheit (EAA) und gilt somit in der gesamten EU.

Die Einhaltung von Barrierefreiheitsstandards ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiven Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigt und selbständig teilnehmen können. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, Barrieren abzubauen und eine barrierefreie Zukunft zu schaffen!