„Mein Job: Dass ihr schnell die nächste E-Tankstelle findet“
Lisa Arendt ist Global Product Partnerships Manager bei Google in Zürich und kümmert sich ganz allgemein gefasst darum, ein klimafreundliches Leben für Nutzer:innen einfacher zu machen. Wie sie das macht, hat sie uns im Gespräch erzählt.
Auf die Frage nach ihrem Lieblingstier denkt Lisa Arendt einen Moment nach. „Ich entscheide mich für den Kolibri“, sagt die Googlerin. „Kolibris haben so viele ungewöhnliche Eigenschaften, das fasziniert mich.“ Und irgendwie passt das zu der Google-Managerin, die selbst nahezu unendlich viele interessante Fakten parat zu haben scheint. Aus Zürich kümmert sich Lisa um Partnerschaften mit Anbietern von Ladestationen für Elektrofahrzeuge, integriert diese in Google Maps und hilft den Fahrer:innen von E-Autos sowie den betreffenden Herstellern dabei, nahtloses Laden für E-Autos möglich zu machen. Nahtlos, das bedeutet: Das Laden soll so einfach, sicher und zuverlässig erfolgen, wie man es von einem Benziner an der Tankstelle gewöhnt ist. Dafür reicht es aus, nach "Ladestationen" in Google Maps zu suchen. Als Ergebnis werden alle Ladestationen in der Nähe angezeigt.
Lisas Leidenschaft zu Fragen der Mobilität erwachte schon in ihrer Jugend. Aufgewachsen ist sie in einem kleinen Dorf in der Nähe von Schwerin, das bis heute ihr Ruhepol ist. „Es gab bei uns keine Busse, eine leere Straße und vielleicht 20 Häuser. Da lernt man schnell sein Fahrrad zu lieben“, erzählt sie. Sie selbst hat kein Auto. „Das braucht man in Zürich nicht“, sagt sie. Aber mittlerweile hat sie drei Fahrräder – ein Mountainbike für Ausflüge in die Natur, ein schnelles Rennrad und „ein altes Citybike, das auch geklaut werden kann“, ergänzt sie lachend. Lisa sucht immer nach der optimalen Art und Weise, sich fortzubewegen. Und das nicht nur privat, dieses Denken führt sie auch in ihrer Arbeit fort. Der erste große Schritt war es, Ladestationen auf Google Maps anzuzeigen und so Fahrer:innen die Suche nach der nächsten „E-Tankstelle“ zu erleichtern. Der nächste Schritt ist die intelligente Routenplanung, die zum Beispiel Volvo bereits in die Fahrzeuge integriert hat. Alles nach der Maxime: Nachhaltig und hilfreich!
Von der Bewegung inspiriert
Mobilität – das ist für Lisa so eine Art Lebensthema geworden. So fand sie es auch bei ihren Reisen durch die Welt besonders spannend, sich ihre Wege selbst zu suchen und dabei die beste Option zu finden. Lisa erzählt von aufregenden Busfahrten in Indien, gemieteten Rollern in Kolumbien, Schnellzügen in Japan und abenteuerlustigen Touren per Anhalter. Aber für Lisa stellte sich immer zugleich eine größere Frage: Wie kann man Fortbewegung verbessern? Nicht nur individuell, sondern für alle. In dieser grundsätzlichen Faszination für das Thema Mobilität wurde Lisa dann vor vier Jahren durch die „Fridays-for-Future“-Demonstrationen zusätzlich bestärkt. Die Klimastreiks der Jugend, angeführt von Greta Thunberg, waren für Lisa das Zeichen, dass es Zeit war zu handeln. „Die nächste Generation hat uns ganz klar gesagt, was sie von uns wollen. Und zwar jetzt.“ Es beeindruckte sie, wie eine einzige Stimme eine weltweite Bewegung auslösen konnte.
Dadurch veränderte sich auch die Einstellung gegenüber E-Autos. Vor diesem Hintergrund entstand Lisas Projekt: Google Maps stellte eine neue, globale Division mit Expert:innen aus unterschiedlichsten Bereichen zusammen und führte noch im selben Jahr das erste EV-Feature (EV für Electric Vehicle) bei Google Maps ein.
2020 entstand die erste voll integrierte Lösung zusammen mit Polestar und Volvo. Der Automobilhersteller entwickelte ein Elektroauto, das die Dienste Google Assistant, Maps und Play im System integriert hat. Heute kooperieren bereits mehrere große Automobilhersteller mit Google, um solche Rundum-Lösungen zu bieten.
Wir verändern uns, damit sich die Welt nicht zu sehr verändert
Unabhängig von ihrer Aktivität im Bereich der E-Mobilität hat Lisa sich selbst Regeln gesetzt, um ihre eigene Fortbewegung nachhaltiger zu gestalten. Alles, was man in 15 Minuten erreichen kann, läuft sie zu Fuß. Alle Strecken mit bis zu einer halben Stunde Entfernung, fährt sie mit einem ihrer Fahrräder. Und alles bis zu fünf Stunden mit dem Zug.
Für Lisa hat das Thema Klimawandel eine einfache Wahrheit schlagartig deutlich gemacht: So sehr die heutige Welt individualisiert ist, so sehr merken wir jetzt, dass wir uns einen gemeinsamen Heimatplaneten teilen. Genau deshalb müssen Strategien zum Schutz ebendieses Planeten auch global gedacht werden. Lisa und ihr Team operieren deshalb immer unter dem Vorsatz „build global, act local“ – global entwickeln und lokal aktiv werden – ein Credo, das auch helfen kann, sich von der Aufgabe, „eben mal den Klimawandel aufzuhalten“, nicht überfordert zu fühlen. So schafft das Team eine Art Schablone für weltweite Lösungen – es geht auf lokale Partner:innen individuell zu, unterstützt diese bei der Umsetzung und fasst die Ergebnisse global zusammen.
Nächster Halt: Die Planung der Ladestationen
Von der gemeinsamen Arbeit profitieren immer mehr Fahrer:innen. Seit 2017 stieg der Marktanteil von elektrischen PKW in Deutschland immerhin von 0,07 auf 1,3 Prozent. Das sind 18 Mal mehr private E-Autos als vor fünf Jahren. Doch auch immer mehr Carsharing-Anbieter und öffentliche Nahverkehrsbetriebe setzen auf Elektromobilität oder planen zurzeit einen Wechsel. Auch hier ist man im Gespräch, wie Google und Lisas Team dabei unterstützend tätig werden können.
Für die Zukunft ist Lisas Priorität erstmal, das Projekt global zu expandieren. Bei der Schaffung eines praktischen Online-Atlas für E-Mobil-Ladestationen sind Lisa und ihr Team schon weit gekommen. Um die Mobilität der Zukunft nachhaltig zu gestalten, gibt es jedoch unzählige weitere Möglichkeiten. Welche das sind? Lisa denkt dann gerne an ihr Lieblingstier, den Kolibri, und dann fällt ihr sofort etwas ein.