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20 Jahre Google Deutschland

#17 Project Reconnect unterstützt Geflüchtete bei Zukunftsplänen

Headerbild zum Blogpost Project Reconnect unterstützt Geflüchtete bei Zukunftsplänen

Es war der Sommer 2015. Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan und vielen anderen Krisenregionen flohen aus ihrer Heimat nach Westeuropa. In weniger als sechs Monaten nahm Deutschland etwa eine Million Geflüchtete auf, die Nahrung, medizinische Versorgung, eine Unterkunft und die Hoffnung auf eine bessere, sicherere Zukunft benötigten.

Für uns bei NetHope stand außer Frage, dass wir auch hier aktiv werden mussten. Seit der Gründung im Jahr 2001 vereinfacht NetHope die Zusammenarbeit zwischen unseren gemeinnützigen Mitgliedsorganisationen, Stiftungen und Technologie-Sponsoren und fördert damit Innovationen und Problemlösungen im Bereich der humanitären Hilfe und im Naturschutz. Heute repräsentiert NetHope rund 60 weltweit führende gemeinnützige Organisationen.

Zu den beeindruckendsten Projekten, die wir als Organisation während der Flüchtlingskrise in Europa im Jahr 2015 umgesetzt haben, zählt definitiv Project Reconnect. Gestartet und getrieben von Münchner Google-Mitarbeiter:innen haben wir diese Initiative im Januar 2016 in Berlin vorgestellt.

Ähnlich wie für uns stand für viele Google-Mitarbeiter:innen fest, dass sie mit Technologie helfen und dazu beitragen wollten, den Geflüchteten bei der Integration in ihre neuen Gemeinschaften in Deutschland zu unterstützen. Project Reconnect war geboren.

Google.org, Googles philanthropischer Arm, stellte unserer Organisation fünf Millionen US-Dollar zur Verfügung, für die wir 25.000 Chromebooks kauften. Das Ziel: diese Geräte gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung zu stellen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren. Am Ende des Programms hatte unser Team mehr als 1.000 Standorte in Deutschland mit Chromebooks unterstützt.

Wenn ich jetzt mehr als fünf Jahre später auf die Zusammenarbeit zwischen Google und NetHope zurückblicke, erfüllt mich das mit großem Stolz. Alle am Projekt beteiligten Parteien – Google, NetHope und die Empfänger-Organisationen – haben so viel harte Arbeit in Project Reconnect gesteckt, um Menschen in Not zu helfen. Der Wille und Bereitschaft der Google-Mitarbeiter:innen freiwillig Project Reconnect voranzutreiben und Verantwortung zu übernehmen, ist großartig. Auch ein besonderer Dank geht an NetHopes damalige Program Managerin Sybille Fleischmann, ohne deren Engagement das Projekt sicherlich nicht so erfolgreich gewesen. Sie übernahm die Federführung bei der Konzeption, Entwicklung und Durchführung des Programms.

Das gemeinnützige Forschungsinstitut RTI International, das NetHope bei der Evaluation von Project Reconnect unterstützte, hob in seinem Abschlussbericht die vielen verschiedenen Möglichkeiten hervor, wie sich das Programm auf das Leben der Menschen auswirkte. Durch die Geschichten im Bericht und auf reconnect.nethope.org hatten wir die Möglichkeit, einige der Geflüchteten kennenzulernen, die ein Chromebook zum Lernen, zum Wieder-in-Kontakt-treten mit der Familie oder zur Bewältigung des Alltags in ihren neuen Gastgemeinden nutzen. Dazu gehören zum Beispiel Anand und Hamid, mit denen wir uns kürzlich ausgetauscht haben, um zu erfahren, wie sie sich in Deutschland zurecht gefunden und eingelebt haben. Und auch Sunita hat uns erzählt, wie sie während der Covid-19-Pandemie mit einem Chromebook Deutsch lernte. Wir möchten euch von diesen Erfahrung auch hier kurz berichten: 


Wie ein Chromebook beim Start in die Konditor-Ausbildung hilft

Hamid besuchte nur drei Jahre lang die Schule, bevor er und seine Familie aus Afghanistan fliehen mussten. In Afghanistan war es für Hamid und seine vier Geschwister schwierig zur Schule zu gehen. In Bayern angekommen, entdeckte Hamid die Angebote der gemeinnützigen Organisation Asylplus und begann mit Hilfe eines Project Reconnect-Laptops und der Online-Inhalte von Asylplus, Mathe und Deutsch zu lernen. Beide Fächer waren Voraussetzung für seine Berufsausbildung in Deutschland. Im Jahr 2016 begann Hamid sein erstes Praktikum in einem Café und kreierte seine ersten Sahnetorten. In diesem Sommer absolvierte Hamid die Abschlussprüfungen zum Konditor. Hamids jüngere Schwester Rahina nutzte ein Project Reconnect-Chromebook, um für die Schule zu lernen. Mit der Unterstützung ihres Mentors von Asylplus konnte sie in der Schule aufholen und hat nun die mittlere Reife erlangt.

Foto, das Hamid in der Backstube mit einer Torte und einem anderen Mann zeigt

Oktober 2016. Hamid (links) mit einer selbstgebackenen Google-Sahnetorte.

Von der Stadtbücherei in die Altenpflege

Als Adnan, der in seinem Heimatland Pakistan Wirtschaft studiert hatte, in Deutschland ankam, sprach er kein Wort Deutsch. In der Stadtbücherei in Bad Tölz erhielt Adnan einen Sprachkurs und konnte ein Chromebook des Project Reconnect nutzen, um die deutsche Sprache zu lernen und sich über Ausbildungsmöglichkeiten in Deutschland zu informieren. Adnan nahm an einem einjährigen Bundesfreiwilligenprogramm im Josefistift, einem Altenheim, teil. Mit der Zeit fiel es Adnan immer leichter, sich mit seinen Kolleg:innen und den Bewohner:innen des Josefistifts auf Deutsch zu verständigen, und er konnte einen fortgeschrittenen Sprachtest ablegen.Im Jahr 2017 erhielt Adnan einen Ausbildungsplatz zum staatlich geprüften Altenpfleger. Nach drei Jahren schloss Adnan seine Ausbildung mit Erfolg ab und arbeitet heute als examinierter Altenpfleger.

  • Foto, das mehrere Personen zeigt, in einer Einrichtung vom Arbeiter-Samariter-Bund im ehemaligen Rathaus Berlin-Wilmersdorf.

    Januar 2016. Im Rahmen der Vorstellung von Project Reconnect begrüßen die Organisatoren die ersten Geflüchteten im Internet Café in einer Einrichtung vom Arbeiter-Samariter-Bund im ehemaligen Rathaus Berlin-Wilmersdorf.

  • Foto, das mehrere Personen zeigt, die in einem Internet Café vor Chromebook-Laptops sitzen.

    Januar 2016. In einer Einrichtung vom Arbeiter-Samariter-Bund im ehemaligen Rathaus Berlin-Wilmersdorf lernen Geflüchtete die Chromebook-Laptops kennen.

  • Foto, auf dem mehrere Personen auf einer Bühne hinter einem großen Konferenztisch sitzen, zeigt.

    Januar 2016. Auftakt-Pressekonferenz in Berlin zum Start von Project Reconnect.

  • Foto auf dem mehrere Personen zu sehen sind, die auf Chromebook-Laptops schauen.

    Wieland Holfelder, Google München (stehend, 2. v. l.), und Sybille Fleischmann, NetHope ‒ Project Reconnect, besuchen den Deutschunterricht von Markus Hoffmann (stehend, Mitte) an der Berufsschule in Dachau.

Deutschlernen während der Pandemie

Sunita kommt aus Afghanistan und ist stolze Mutter von zwei kleinen Kindern. Die Betreuung ihrer Kinder ist zeitintensiv, was bedeutet, sie kann nur bedingt an Sprachkursen teilnehmen. Zusätzlich herausfordernd kam der Lockdown während der Pandemie hinzu und erschwerte ihr das Deutschlernen. Glücklicherweise wurde sie mit dem Freundeskreis Asyl Karlsruhe in Verbindung gebracht, einer Empfänger-Organisation von Project Reconnect, die während der Pandemie Kurse für Geflüchtete anbot. Dazu zählte beispielsweise ein einzigartiges Coaching-Programm für Frauen. In wöchentlichen 1:1-Sitzungen werden die Teilnehmerinnen in den Umgang mit einem Chromebook eingeführt. Den Rest der Woche lernen die Teilnehmerinnen selbständig mit dem Chromebook und den von ihrem Coach bereitgestellten Infomaterialien. Linda Busse-Özdemir, eine von mehreren Trainerinnen beim Freundeskreis Asyl Karlsruhe, hat die Erfahrung gemacht, dass viele Teilnehmerinnen vor dem Kurs noch nie einen Computer benutzt haben. Grundlegende Computerkenntnisse wie das Öffnen eines Dokuments, das Auffinden einer Website und auch die Fähigkeit, mit Online-Lernplattformen selbstständig zu lernen, seien sehr wichtig, um in Deutschland Arbeit zu finden und Kindern in der Schule zu helfen. 

  • Foto, das zwei Peronen zeigt, die vor einem Chromebook-Laptop sitzen.

    Dezember 2017. Im Rahmen von „Digital Grannies“, einem Projekt der Zukunftsmacher aus dem Landkreis Erding, bringen Geflüchtete älteren Menschen den Umgang mit einem Computer bei und führen sie in die Möglichkeiten des World Wide Web ein.

  • Foto, das zwei Peronen zeigt, die vor einem Chromebook-Laptop sitzen.

    Mai 2017. Beim Projekt „Learning4Integration“ von Zukunftsmacher treffen sich in der Mittelschule in Altenerding zwölf junge Geflüchtete aus der Willkommensklasse mit zwölf Seniorinnen und Senioren des Fischer Seniorenzentrums, Erding.

  • Foto auf dem eine Gruppe von Menschen zu sehen ist, die Chromebook-Laptops in den Händen halten.

    Oktober 2017. Im evangelischen Bildungszentrum Haus Birkach in der Nähe von Stuttgart hat der Freundeskreis Plieningen-Birkach einen Raum mit Laptops für Geflüchtete eingerichtet.

  • Foto auf dem eine Gruppe von Menschen zu sehen ist, die sich um Chromebook-Laptops versammelt haben.

    Bewohner:innen, Politiker:innen und Vertreter:innen von Google und dem DRK Landesverband Rheinland-Pfalz freuen sich als am 1. August 2016 der Internet Point in der Flüchtlingsunterkunft Hermeskeil eröffnet wird.

  • Foto, das Teilnehmerinnen eines Erstorientierungskurse des Freundeskreis Asyl Karlsruhe zeigt, die Chromebooks-Laptops vor sich auf dem Zisch stehen haben.

    Die Teilnehmerinnen eines Erstorientierungskurse des Freundeskreis Asyl Karlsruhe nutzen Chromebooks für Sprachübungen und zum Recherchieren. © J. Weinerth, 2018

  • Foto, das drei Personen zeigt, die um einen Tisch herumsitzen und mit einem Laptop arbeiten. Dabei schauen Sie in die Kamera.

    Das NetHope-Team in Deutschland verbindet sich erfolgreich mit dem Project Reconnect Offline Server, um auf die mehrsprachigen Lerninhalte zuzugreifen. Von links: Theresa Ritzer, Omar Azad Ahmad, Lisa Stein.

Diese Beispiele sind nur drei von vielen weiteren, wie die von Project Reconnect geförderten Initiativen Geflüchteten geholfen haben, in Deutschland Fuß zu fassen. Ich bin jedes Mal sehr berührt von diesen persönlichen Geschichten.

Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal für das Vertrauen von Google Deutschland in uns. Danke an alle, die dieses Projekt erst möglich gemacht haben ‒ die Entwickler:innen von Google Deutschland, die ihre Zeit gespendet haben, um uns zu unterstützen, die innovativen und engagierten Programmmanager:innen und Projektteams, Standortleiter:innen, Trainer:innen und Freiwilligen bei gemeinnützigen Organisationen in ganz Deutschland, die jeden Tag Geflüchteten helfen. Es war uns eine Ehre, mit allen zusammenzuarbeiten.



Porträtfoto Sybille Fleischmann

Kommentar von Sybille Fleischmann, Technologie Managerin und ehemalige Projektleiterin Project Reconnect: 

Ich empfinde Dankbarkeit gegenüber unseren großartigen Partnern und all den Zuschussempfängern und Helfer:innen und bin stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben.

Viele der 50 gemeinnützigen Organisationen, die Laptop-Spenden von Project Reconnect erhalten haben, nutzten die Laptops, um ihre erste technologiegestützte Initiative zu starten. Diese Organisationen kamen bereits während der Flüchtlingskrise 2015/2016 an ihre Belastungsgrenzen, aber sie nahmen diese zusätzliche Herausforderung mit ganzem Herzen an. Sie bauten digitale Kapazitäten in ihren Teams auf oder aus und integrierten computergestütztes Lernen in Sprachlern- oder Berufsausbildungsprogramme, in die Schulausbildung und in Programme für traumatisierte junge Geflüchtete. 

Ich freue mich, dass die im Rahmen von Project Reconnect gesammelten Erfahrungen und technischen Kenntnisse auch weiterhin helfen, Menschen in Not zu unterstützen. Als im Jahr 2020 aufgrund der Covid-19-Pandemie persönliche Schulungen nicht mehr möglich waren, kamen vielerorts Chromebooks nochmals verstärkt zum Einsatz, damit Unterrichtsprogramme fortgesetzt werden konnten und Menschen auch während der Pandemie miteinander in Kontakt bleiben konnten.

Der gemeinnützige Freundeskreis Asyl Karlsruhe stellte Ende 2020 auf Online-Kurse um. Bei einem ersten persönlichen Treffen stellt der Trainer den Teilnehmer:innen das Chromebook und dessen Nutzung vor und gibt ihnen dann ein Leihgerät und oft auch einen Hotspot oder Datastick für den Online-Zugang in ihrer Wohnung mit. Die Geflüchteten üben Deutsch und erfahren, wie sie sich im Alltag in Deutschland zurechtfinden können. Die Ausgabe der Chromebooks schaffe Vertrauen, weiß Sprachlehrerin Lena Maiß. Die Nutzung der Laptops motiviere und befähige vor allem weibliche Geflüchtete, sich zu informieren, zu lernen und neue Menschen kennenzulernen. Das neue Kursformat ermöglicht auch Frauen in ländlichen Gebieten die Teilnahme, für die es schwierig ist, in die Stadt zu kommen. 

Die Nikolaus-Lehner-Schule, eine öffentliche Berufsschule im bayerischen Dachau, setzt weiterhin Chromebooks in Vorbereitungsklassen für Schüler:innen mit geringen oder keinen Deutschkenntnissen ein. Dieses zweijährige Programm bereitet junge Geflüchtete auf eine Berufsausbildung in Deutschland vor. Von Lehrerin Isabelle Bichler weiß ich, dass die kleinen Medion Chromebooks regelmäßig zum Arbeiten, Recherchieren und zur Zusammenarbeit in der Cloud genutzt werden. Die Schüler:innen haben Computerunterricht in einem Computerraum, aber die zusätzlichen Chromebooks ermöglichten es den Lehrer:innen, einen einzigartigen projektbasierten Ansatz zu verfolgen, um die Laptops in den Unterricht zu integrieren. Die Schüler:innen üben den Umgang mit Online-Tools und lernen gleichzeitig etwas über die deutsche Kultur und das Handwerk. 

Es war und ist mir immer noch eine Ehre, mit diesen engagierten Menschen und Teams zusammenzuarbeiten.