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Privatsphäre & Sicherheit

„Entdeckt das Internet als Familie gemeinsam!“

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Anja Dinhopl leitet seit 2019 die Abteilung für User-Experience-Forschung im Bereich Online-Sicherheit und Privatsphäre für Kinder und Jugendliche im Google Safety Engineering Center in München. Im Interview erklärt die studierte Anthropologin, vor welchen Herausforderungen Familien im Hinblick auf Online-Sicherheit stehen und gibt Tipps, wie Eltern das Thema Medienerziehung angehen und ihre Kinder vor Gefahren aus dem Netz schützen können.

Liebe Anja, seit rund 2 Jahren arbeitest du als sogenannte UX Research Managerin im GSEC. Was genau ist deine Aufgabe?

Im Google Safety Engineering Center (GSEC) leite ich eine Abteilung für User-Experience-Forschung, die auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen spezialisiert ist. Das heißt, dass unser Ziel ist, herauszufinden, wie Kinder und Jugendliche Technologie nutzen und welchen Bedarf sie haben, um sie dann beispielsweise im Bereich Online-Sicherheit bestmöglich zu unterstützen. Wir sprechen mit ihnen, beantworten Fragen – zum Beispiel, was Google mit Daten macht oder ob Cookies sicher sind – und führen Gruppendiskussionen über dieses Thema. Im diesem Rahmen haben wir zum Beispiel erfahren, dass Kinder klare und deutliche Antworten bei Datenschutzfragen brauchen die altersentsprechend verständlich und möglichst kurz und visuell aufbereitet sein sollen. In Folge dessen haben wir die Datenschutzinformationen in Form eines Frage und Antwort-Formats entwickelt und sie für drei verschiedene Altersklassen aufbereitet. Das Ergebnis gibt es inzwischen schon in 60 Sprachen.

Ein Screenshot zeigt den Schriftzug "Datenschutz bei Google"

Mit der visuellen Aufbereitung der Datenschutzinformationen sollen vor allem jüngere Nutzerinnen und Nutzer angesprochen werden

Viele Kinder und Jugendliche nutzen heutzutage bereits täglich Smartphones, Tablets und Co. Wofür werden die Geräte im Alltag genutzt?

Das stimmt, Smartphone, Tablet und Co sind bereits früh Teil des Alltags. Wir haben im Herbst gemeinsam mit Statista eine Umfrage unter mehr als 1.000 Eltern und Erziehungsberechtigten in Deutschland durchgeführt. Dabei kam heraus, dass mittlerweile bereits knapp ein Viertel der drei- bis fünfjährigen und mehr als ein Drittel der sechs- bis achtjährigen ein eigenes Tablet besitzen. Knapp die Hälfte der Kinder, die ein eigenes Smartphone besitzt, erhält dieses noch während der Grundschulzeit. Laut den Eltern und Erziehungsberechtigten werden die Geräte von den Kindern überwiegend genutzt, um Videos zu schauen oder um zu Spielen. 40 Prozent nutzen das Gerät für Hausaufgaben oder zur Wissensrecherche im Internet. Je älter die Kinder werden, umso mehr steht auch der Austausch mit Freunden oder Musik oder andere Interessen im Vordergrund.

Im Internet kann es auch dazu kommen, dass Kinder und Jugendliche genauso wie Erwachsene Online-Risiken begegnen. Weißt du, vor welchen Online-Bedrohungen sich Eltern für ihre Kinder hier am meisten fürchten?

In der Tat hat unsere Befragung von Eltern und Erziehungsberechtigten durch Statista gezeigt, dass zwar in den meisten Familien der Umgang der Kinder mit dem Internet reguliert und diskutiert wird. Trotzdem sorgen sich mehr als 80 Prozent der befragten Eltern um die Sicherheit ihrer Kinder im Netz. Das deckt sich auch mit den Erfahrungen, die wir im Gespräch mit Eltern und Familien für das Google Safety Engineering Center gesammelt haben.

Viele Eltern fürchten, dass ihr Kind im Netz unangebrachten Kontakt zu Fremden hat oder mit unpassenden Inhalten konfrontiert wird. Weitere Sorgenfaktoren sind Cybermobbing, übermäßige Nutzung und Onlinesicherheitsthemen wie beispielsweise die Weitergabe sensibler Daten, Viren und Betrug. Eltern können vor allem bei diesem Thema ihre Kinder aktiv schützen, indem sie ihre Kinder aufklären, gemeinsame Regeln aufstellen oder mit Hilfe von Tools sicherstellen, dass die Kinder altersgerechte Inhalte und Apps konsumieren. Ganz wichtig ist dabei der Dialog zwischen Eltern und Kindern.

Kannst Du das näher erläutern? Welche Art von Regeln und Tools empfiehlst du und warum?

Es ist wichtig, dass Kinder schon früh den verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet und digitalen Endgeräten erlernen. Da Kinder und Jugendliche jedoch oftmals ihre eigenen Kenntnisse nicht vollständig einschätzen können, ist es wichtig, dass Eltern gemeinsam mit ihren Kindern Regeln für den Umgang mit digitalen Medien und Endgeräten festlegen. Diese können sowohl den zeitlichen Umfang, aber auch die genutzten Inhalte betreffen. Wichtig ist beim Festlegen der Regeln natürlich, dass Eltern ihren Kindern den Sinn der Regeln genau erklären, damit diese sie verstehen und akzeptieren. Dabei kann der Einsatz von Tools wie beispielsweise Google Family Link hilfreich sein. Mit Hilfe dieser App können Eltern die Aktivitäten ihrer Kinder im Blick behalten, Bildschirmzeiten festlegen und die Apps ihrer Kinder verwalten, um zu vermeiden, dass Kinder ungeeignete oder unangemessene Inhalte herunterladen. Wichtig ist mir hier zu betonen, dass solche Apps nicht für die Kontrolle genutzt werden, sondern vor allem als Diskussionsgrundlage. Eltern wissen damit beispielsweise, für welche Apps Kinder sich interessieren und können dann gezielt mit ihnen darüber sprechen.

Ein Screenshot zeigt die Family Link App, auf der die Gerätenutzungsdauer des Kindes eingestellt werden kann.

Mit Apps wie Family Link kann unter anderem die Gerätenutzungsdauer des Kindes im Blick behalten werden.

Was rätst du Familien, die ihren Kindern ihr erstes Gerät schenken?

Grundsätzlich sollten Eltern darauf achten, dass Kinder, die ihr erstes Gerät bekommen, sich nicht allein damit auseinandersetzen müssen. Entdeckt das Internet gemeinsam! Tauscht euch regelmäßig über die Nutzung von digitalen Medien aus. Hierbei geht es nicht nur darum, welche Möglichkeiten Kinder im Netz haben, sondern es sollte auch über mögliche Risiken oder unpassende Inhalte gesprochen werden.

Das gilt übrigens nicht nur für die Anfangszeit. Auch auf lange Sicht sollten Eltern ihren Kindern stets das Gefühl geben, dass sie auf der aufregenden Reise durchs Netz nicht alleine sind. Statt Verbote auszusprechen, sollten sie sich als Vertrauenspersonen für ihre Kinder anbieten und auch stets Interesse an den Online-Aktivitäten ihrer Kinder zeigen. Außerdem wichtig: Eltern haben eine Vorbildfunktion für ihre Kinder und ihr eigenes Nutzungsverhalten kann ihre Kinder ebenfalls beeinflussen.

Zum Abschluss noch ein Tipp: Welche Ressourcen empfiehlst du Eltern, die sich über das Thema Medienerziehung informieren möchten?

Zum Glück ist das Angebot für die sichere Medienerziehung von Kindern mittlerweile recht groß. So gibt es beispielsweise den Elternguide.online, der Eltern dabei unterstützt, ihre Kinder bei der Nutzung von Apps, Spielen, Webseiten und sozialen Netzwerken zu begleiten. Darüber hinaus enthält der Digital Wellbeing Leitfaden für Familien Ratschläge und Vorschläge für das spielerische Implementieren von Medien in den Familienalltag. Zudem haben wir vor kurzem ein Sicherheitscenter für Familien veröffentlicht. Hier erfahren Eltern zum Beispiel, wie sie sinnvolle Jugendschutzeinstellungen vornehmen oder hochwertige und kindgerechte Inhalte finden können. Außerdem gibt es Inspiration zum gemeinsamen Entdecken des Internets für die ganze Familie.

Vielen Dank für das Gespräch, Anja!