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Online-Sicherheit sollte höhere Priorität haben

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Dieser Standpunkt erschien zuerst im Tagesspiegel Background Cybersecurity am 8. Februar 2022.

In den letzten Jahren haben wir nicht nur erlebt, dass Online-Sicherheitsrisiken mehr geworden sind, sondern auch, dass sie sich hinsichtlich ihrer Komplexität und ihren Auswirkungen verändert haben. Noch angespannter wurde die Lage dadurch, dass Regierungen und Unternehmen in den vergangen zwei Jahren teilweise gezwungen waren, aus der Ferne und damit außerhalb des im Büro bestehenden Schutzes zu arbeiten.

Obwohl das Thema Online-Sicherheit in zahlreichen Berufsfeldern bedeutend ist, war es besonders für diejenigen relevant, die in der Öffentlichkeit stehen – vor allem für Politiker:innen und Journalist:innen. Sie stehen im Fokus, wenn es darum geht umstrittene, aber zugleich wichtige und sensible Themen zu bearbeiten und zu diskutieren – gerade in Zeiten von Wahlen wie im vergangenen Jahr.

Um Demokratie und die freie Presse als wichtige Eckpfeiler der Gesellschaft aufrechtzuerhalten, ist es gerade auch für diese Gruppen von entscheidender Bedeutung, dass sie sich online sicher fühlen und ihre Arbeit ohne Einschränkungen ausüben können. Um herauszufinden, wie es um die damit verbundenen Herausforderungen steht, haben wir im Rahmen einer Studie* Journalist:innen und Personen aus dem Politikbetrieb in zehn Ländern entsprechend befragt – darunter auch in Deutschland. Ein Kernergebnis ist, dass sich diese Gruppen online nicht sicher fühlen.

Wenn Angst zur Realität wird

Auf den Punkt gebracht: Politiker:innen und Journalist:innen fühlen sich online nahezu schutzlos. Neun von zehn (89%) der befragten Personen glauben, dass die Online-Sicherheit für Personen in ihren Berufsfeldern verbessert werden muss. Mit Blick auf Deutschland sind 100% der befragten Politiker:innen und 81% der befragten Journalist:innen dieser Meinung. Und das offensichtlich zu recht: Fast die Hälfte der befragten deutschen Politiker:innen (47%) wurde bereits einmal gehackt, 34% davon im letzten Jahr. Bei den Journalist:innen sind es 68%, mit 39%, die 2021 dieses Erfahrung machen mussten.

Darüber hinaus glauben ein Großteil der von uns befragten Politiker:innen und Journalist:innen in den zehn Ländern, dass sie aufgrund ihres Berufs anfälliger für solche Angriffe sind. Das gilt insbesondere im Herzen der europäischen Politik – in Brüssel – wo sich 82% der Politiker:innen und Journalist:innen aufgrund ihrer Tätigkeit als Zielscheibe fühlen. Das heißt auch, dass starke Sicherheitsmaßnahmen für politisch wichtige Personen nicht nur ein nettes Extra sind. Datenschutz und Sicherheit müssen im Mittelpunkt stehen, mit einem eigenen Schwerpunkt im politischen Ökosystem.

Eine Infografik fasst die Ergebnisse der Umfrage zusammen.

Die Auswirkungen von Online-Bedrohungen

Zu einer funktionierenden Demokratie gehört der freie Informationsaustausch. Allerdings machte sich die Hälfte (50 %) der Politiker:innen und Journalist:innen vor allem in den vergangenen zwei Jahren vermehrt Sorgen, wenn sie online Daten geteilt oder mit vertraulichen Informationen im Internet gearbeitet haben. Das Teilen von Daten ist aber ein Bestandteil vieler Jobs, und so spricht diese Aussage Bände über die Ängste und den persönlichen Stress, die durch Cyber-Bedrohungen verursacht werden.

Unsere Studie zeigt auch, dass diese Gruppen eher zurückhaltend sind, wenn es darum geht sensible Themen online zu posten. 70% glauben, dass sie sich damit einem Risiko von Cyber-Angriffen aussetzen würden. Die Tatsache, dass so viele Angst davor haben, ihre individuellen, oftmals unterschiedlichen Ansichten online zu äußern, schadet der offenen Debatte und den Grundlagen, auf denen das politische Ökosystem und der freie gesellschaftliche Diskurs aufbaut. Diese Hindernisse wirken sich nicht nur auf die Politiker:innen selbst aus, sondern letztendlich auch auf die Gemeinschaften, der sie dienen.

Gemeinsames Handeln ist gefragt

Zahlreiche Politiker:innen und Journalist:innen haben bereits Maßnahmen ergriffen, um diese Online-Bedrohungen zu minimieren. Dazu gehört die Verwendung von Zwei-Faktor-Authentifizierungen oder Sicherheitsschlüsseln, was auch bei den deutschen Politiker:innen die favorisierte Maßnahme ist. Deutsche Journalist:innen setzen hingegen eher auf Sicherheitssoftware und den Gebrauch von einzigartigen Passwörtern für verschiedene Accounts.

All das sind gute Maßnahmen, um den Schutz und die Sicherheit zu erhöhen. Aber das reicht noch nicht.

Journalist:innen und Politiker:innen sollten noch stärker in ihre Online-Sicherheit investieren, um neue Bedrohungen zu verhindern. Das geht zum einen über Produkte wie unser erweitertes Sicherheitsprogramm, das Daten von Nutzerinnen und Nutzern mit hohem Risiko besonders schützt. Aber auch über Investitionen in die Weiterbildung, beispielsweise über Workshops, die das Projekt PolisiN von Deutschland Sicher im Netz e.V. anbietet mit Unterstützung unseres globalen Entwicklungszentrums in München, dem Google Safety Engineering Center. Auch der öffentliche Diskurs ist weiter gefragt, um das Bewusstsein für solche Bedrohungen und Investitionen in neue Wege zu schärfen, um bestehende Gefahren für das gesamte digitale Ökosystem zu minimieren und gleichzeitig diese Personengruppen zu schützen.

Die Demokratie muss sich angesichts neuer Herausforderungen ständig neu beweisen. Cyberangriffe auf Politiker:innen und Journalist:innen sind eine klare Bedrohung für die Demokratie, da sie in vielen Fällen darauf abzielen, Debatten im Keim zu ersticken oder abweichende Meinungen zu unterdrücken. Durch die Implementierung solider Sicherheitsrichtlinien und -praktiken können Politiker:innen und Journalist:innen ihre wichtige Arbeit sicher erledigen.

*YouGov Umfrage im Auftrag von Google unter 350 Politiker:innen und 355 Journalist:innen in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Brüssel, Italien, Niederlander, Spanien, Polen, USA und Kanada im Zeitraum vom 26. Oktober bis 1. Dezember 2021.

Ein Portraitfoto zeigt Andreas Tuerk mit Brille

Über den Autor

Andreas Tuerk ist Senior Product Manager im Identity, Privacy und Security Team im Google Safety Engineering Center in München. Der Fokus der Arbeit seines Teams liegt auf der Entwicklung von Tools und Produkten, die Nutzerinnen und Nutzern einen Überblick sowie einfache, verständliche Kontrollmöglichkeiten im Bereich Privacy und Security anbieten – und es ihnen damit ermöglichen, ihre Daten und Privatsphäre zu schützen. Der Fokus seiner Arbeit liegt auf dem Google Passwortmanager.

Andreas arbeitet seit 2006 als Product Manager bei Google. In dieser Funktion kümmerte er sich unter anderem um YouTube auf Smartphones, Google’s automobile Dienste und StreetView Deutschland. 2011 wechselte er in das Identity, Privacy und Security Team. Bevor er zu Google kam, arbeitete Andreas bei bruNET an mobilen Mehrwertdiensten und mobilen Zahlungssystemen. Andreas ist studierter Diplom-Informatiker, das Studium schloss er 1999 an der Fachhochschule München ab.